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Warum Hochspannungsleitungen bei grossen Entfernungen
 

Elektrischer ohmscher Widerstand und Spannungsteiler


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Zahlenbeispiele

Spannungsteiler, Grundlagen (1)

Spannungsteiler, Experiment 1

Spannungsteiler, Experiment 2

Spannungsteiler, Grundlagen (2)

Stromteiler, Grundlagen

Zusammenfassung + Beispiel

Beispiel 1: Innenwiderstand 1,5V Bat.

Beispiel 2: Innenwiderstand 12V Bat.

Beispiel 3: Vogel auf Leitung

Beispiel 4: Ältere Hauselektrik

Beispiel 5: Lichterkette

Beispiel 6: Transformator

Beispiel 7: Föhn in Badewanne

Beispiel 8: Baden im See bei Gewitter

Beispiel 9: Lügendetektor

Beispiel 10: Lampenkontrolle

Beispiel 11: Hochspannungsleitung

Beispiel 12: Vorglühanlage, Diagnose

Beispiel 13: Blankdraht Durchlauferhitzer
Beispiel 14: Waschbecken und Steckdose

Genaueres zu Stromschlägen

 

Warum wird elektrische Energie über grosse Entfernungen mittels Hochspannung übertragen?

Um das zu verstehen versuchen wir in Gedanken einmal, 100 Megawatt (MW) über eine Entfernung von 100 km zu übertragen.

 

Die Daten 100MW und 100 km sind weder eine grosse Entfernung, noch eine grosse Leistung; dennoch wird an diesem Beispiel der Sinn der Hochspannungsübertragung klar werden.



Auch in diesem Kapitel wird wieder der Einfachheit halber davon ausgegangen, als handele es sich um rein ohmsche Widerstände. Dies ändert aber an den grundsätzlichen Überlegungen nichts, im Gegenteil, bei genauer Berechnung sieht die Lage sogar noch schlechter aus.

 

Die grössten Kabel für Freileitungen haben eine Querschnittsfläche von 25 Quadratzentimetern. 



Im Kapitel "Vogel auf der Leitung" wurde der ohmsche Widerstand für 100 km dieser Leitung bereits berechnet:

 

380kV Leitung mit 100km Länge und 25 Quadratzentimeter (= 0,05m x 0,05m) Querschnitt:

R = 1,7x10-8Ω x 100.000m/(0,05m)2 = 6,7x10-1Ω = 0,67Ω.

 

Zwar werden elektrische Energien über solche Entfernungen über mindestens 3 Kabel übertragen, allerdings sind 100 MW auch für ein einziges Kabel mit 25 Quadratzentimeter Durchmesser noch nicht besonders viel.

 

Es gilt allgemein

P = U x I

Mit P = 100 MW = 100.000.000 W und U = 230V ergibt sich der Leitungsstrom I, den man benötigen würde, um mit 230V 100 MW zu übertragen.

--> I = 100.000.000 W / 230V = 435.000 Ampere.

 

Abgesehen davon dass diese hohe Stromstärke die Leitung innerhalb Bruchteilen von Sekunden zum Glühen bringen würde:

Welche Verlustleistung entsteht dabei innerhalb der Leitung?

 

Entsprechend den beiden Kapiteln "Innenwiderstand 1,5V Batterie" und "Innenwiderstand 12V Batterie" kann man das Kraftwerk mitsamt der Übertragungsleitung als einen Stromerzeuger mit Innenwiderstand auffassen. Der Innenwiderstand wird dabei hauptsächlich durch die Übertragungsleitung gebildet. Am ohmschen Widerstand der Übertragungsleitung fällt also bei Fliessen des Stromes eine Spannung DU ab gemäss

ΔU = R x I

Werte eingesetzt:  ΔU = 0,67Ω x 435.000A = ~ 290.000V.

Dieser Wert ist natürlich ein krasser Widerspruch zu der eingangs getroffenen Annahme von 230V; er zeigt allerdings, dass mit 230V nicht im Traum daran zu denken ist, 100 MW über eine 25 Quadratzentimeter dicke Leitung zu übertragen.

 

Wie dick müsste die Leitung sein, um 100 MW übertragen zu können?

Der Ansatzpunkt dafür liegt hier: ΔU = 0,67Ω x 435.000A = ~ 290.000V. Offenbar muss der Widerstand so klein werden, dass ΔU *deutlich* kleiner als 230V wird.

Wir nehmen an, dass 10% Spannungsverlust akzeptabel seien, d.h., es werden statt 230V ca. 255V eingespeist, sodass in 100 km Entfernung noch 230V "ankommen".

Gesucht ist also der notwendige (kleine) Widerstand, der bei 435.000 Ampere und gegebenem Leitungsquerschnitt (25 Quadratzentimeter) lediglich 25V (= 10% von 255V) in der Leitung abfallen lässt

--> ΔU = R x I  nach R aufgelöst ergibt R = ΔU/I.

Werte eingesetzt: R = 25V/435.000A = 0,000058Ω. 

 

0,000058Ω sind etwa Faktor 10.000 kleiner als 0,67Ω.

Die Leitung müsste also eine um Faktor 10.000 grössere Querschnittsfläche haben.

Anstelle 25 Quadratzentimeter 25 Quadratmeter (!)

 

Wir bleiben bei der 25 Quadratzentimeter Leitung und nehmen statt 230V (oder 255V) 380KV = 380.000V.

Nun kann gemäss

P = U x I

der Strom viel geringer ausfallen:

--> I = 100.000.000 W / 380.000V = 263 Ampere.

 

Am ohmschen Widerstand der Übertragungsleitung fällt jetzt bei Fliessen des Stromes 263A eine Spannung ΔU ab gemäss

 

ΔU = R x I

Werte eingesetzt:  ΔU = 0,67Ωx 263A = ~ 176V.

176V sind im Vergleich zu 380.000V vernachlässigbar klein.

Berechnung der Verlustleistung aufgrund des Leitungswiderstandes:

P = ΔU x I. Werte eingesetzt: P = 176V x 263A = ~ 46.000W = 46 KW.


Das sind etwa 5 Promille von den 100 MW.

 

Hinweis:

Die tatsächlichen Verluste sind *deutlich* grösser, sodass Energietransport bei 380KV über mehr als 500 km sehr fragwürdig wird.

Der Grund liegt in der Übertragungsfrequenz 50 Hz, denn die kapazitiven und induktiven Verluste überragen die hier betrachteten ohmschen Verluste um ein Vielfaches. Deren Behandlung würde allerdings höhere mathematische Methoden erfordern und ist daher nicht Thema dieses Kapitels.

Die einzige Lösung dieses Problems ist die sogenannte "Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung" (HGÜ) für grosse Entfernungen. 

 

Zusammenfassung

 

Man überträgt grosse Leistungen über grosse Entfernungen deshalb mit möglichst hoher Spannung U, damit gemäss P = U x I der Strom I möglichst gering ausfällt und daher der Spannungsabfall ΔU am Widerstand der Leitung gemäss ΔU = R x I möglichst gering und dadurch auch die Verlustleistung möglichst gering ausfällt.

 

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Dezember 2013