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Was bedeutet Entropie

Entropie einfach erklärt. Warum gibt es reversible und irreversible Prozesse

 

Unterüberschriften

- Einleitung

- Beispiel 1: Heisses Wasser

- Beispiel 2: Gas unter Druck

- Beispiel 3: N=10

- Realisierungsmöglichkeiten

- N=100

- N=1000

- N=1000.000

- N=1000.000.000.000

- N=100.000.000.000.000.000

- Irreversibilität

- Entropie

- Der zweite Hauptsatz

- Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse

 
Einleitung   weiter

Entropie wird oft mit Unordnung zu erklären versucht. Der Begriff Unordnung geht allerdings am Wesen der Entropie völlig vorbei.



Entropie ist der zentrale und zugleich schwierigste Begriff in der Thermodynamik. Der Begriff Entropie wird heute nicht nur in der Physik verwendet, sondern auch in der Informatik und Statistik. Dort bedeutet er in etwa den Grad des Unwissens.
Dem physikalischen Entropiebegriff kann man zwar dieselbe Bedeutung zuschreiben, allerdings ist das nicht so offensichtlich. Entropie bedeutet in der Thermodynamik einfach eine Anzahl Möglichkeiten.
Die thermodynamische Entropie, also der physikalische Entropiebegriff, wurde entwickelt um irreversible und reversible physikalische oder chemische Prozesse zu beschreiben, ist aber interessanterweise nicht an solche Systeme gebunden.

Der in diesem Kapitel gewählte statistische Weg wird dies offen legen.

Der statistische Blickwinkel kommt ganz ohne fragwürdige Hilfsvorstellungen aus und hat darüber hinaus den Vorteil, dass er das Warum von irreversiblen Prozessen von selbst erklärt.

Seit einigen Jahren ist das Thema Entropie in manchen schulischen Lehrplänen der Mittelstufe zu finden. Das ist an sich schon ein Widerspruch, denn die mathematischen und physikalischen Voraussetzungen dafür sind auf diesem schulischen Niveau nämlich längst nicht gegeben. Ausserdem bleibt das "Warum" der Irreversibilität der Entropie völlig unbeantwortet. 

In diesem Kapitel versucht der Verfasser, die Entropie auf dem Niveau der schulischen Mittelstufe begreiflich zu machen.
Der Leser muss dafür -abgesehen von viel Geduld- lediglich ein Bauchgefühl für Statistik mitbringen. Die Erklärungen sind lang, doch dafür sind sie einfach gehalten und kommen fast ohne Formeln und spezielles mathematisches Vorwissen aus.
Im Nebeneffekt wird allerdings auch deutlich, wie weit die Entropie doch vom Verstehensniveau der schulischen Mittelstufe entfernt ist.
Manche werden glauben, dass diese Erklärungen etwas ganz anderes beschreiben als in den Schulen zur Entropie vermittelt wird. Das stimmt jedoch nicht, es IST das Selbe. 
Sämtliche populären Erklärungshilfen wie z.B. "Unordnung" oder "Wärme" werden im  Physikstudium weitestgehend vermieden, da sie am Wesen der Entropie vorbeigehen. Der Gerthsen ("die ganze Physik in einem Band") vermeidet solche Begriffe sogar ganz. Es ist also nur konsequent, diese Begriffe auch im Folgenden nicht zu verwenden.
Bei "Unordnung" handelt es sich um einen hilflosen Analogieversuch, der einen unerheblichen Aspekt der Entropie betont, und obendrein nicht einmal für alle Fälle zutrifft. Das ist etwa so, als beschriebe man 2018 ein Auto als "etwas das stinkt". Bei "Wärme" handelt es sich um eine Kreation des Karlsruher Physikkurses, der in der physikalischen Fachwelt keinen Platz gefunden hat. 

Der historische Entdeckungsprozess der Entropie war eher umständlich. Man hat in der phänomenologischen Thermodynamik (einfach ausgedrückt: Beim Hantieren mit Gasvolumina) "nebenbei" herausgefunden, dass es eine Grösse gibt, die immer nur mehr, aber nicht weniger wird, und die mit irreversiblen Prozessen zusammenhängt.
Erst hinterher, mit den Methoden der statistischen Mechanik, wurde den Physikern klar, was Entropie dem Wesen nach ist.
Alle folgenden Erklärungen überspringen den historischen Prozess und zielen von vorne herein auf die wahrscheinlichkeitstheoretischen Methoden der statistischen Mechanik ab. (Das Übergehen des historischen Prozesses ist übrigens auch dem Verständnis der Quantenmechanik sehr zuträglich).
Dies hat den Vorteil, dass man für das Verständnis der Entropie weitgehend ohne konkreten physikalischen Kontext auskommt, und schliesslich verstehen wird, warum es irreversible Prozesse gibt.

Kurzform:
Die Entropie ist ein Mass für die Anzahl Möglichkeiten, die ein abgeschlossenes physikalisches System zur Verfügung hat, um seinen Zustand  auf mikroskopische Weise zu realisieren.


Zunächst sollen ein paar irreversible Prozesse betrachtet werden, ohne direkt auf die Entropie Bezug zu nehmen.
Der Sinn besteht darin, die Denkweise weg von konkreten physikalischen Prozessen hin auf Statistik und Wahrscheinlichkeiten zu lenken, sich von anderen physikalischen Grössen (z.B. der Temperatur) unabhängig zu machen.

Beispiel 1: Heisses Wasser   weiter    zurück

Eine Tasse mit heissem Wasser stehe auf dem Tisch. Wir wissen: Mit der Zeit wird das Wasser abkühlen, bis es schliesslich die Umgebungstemperatur angenommen haben wird.
a. Warum kühlt es überhaupt ab?
b. Warum kühlt es nach einiger Zeit weniger oder langsamer ab?
c. Woher "weiss" das Wasser, dass es nach genügend langer Zeit überhaupt nicht mehr abkühlen darf (wenn es die Umgebungstemperatur erreicht hat) ?

Am einfachsten, und mit einem Schlag, versteht man alle 3 Punkte, wenn man nicht nur auf das Wasser schaut, sondern es mitsamt seiner Umgebung als Gleichgewicht von Wärmestrahlung betrachtet: 
Das Wasser strahlt IMMER Wärme in seine Umgebung ab, und die Umgebung strahlt IMMER Wärme in das Wasser hinein.
Wieviel Wärme in welche Richtung jeweils abgestrahlt wird, hängt allein von den Temperaturen ab.
Im konkreten Beispiel strahlt die Umgebung immer die selbe Wärmemenge pro Zeit in das Wasser hinein, während das Wasser anfangs viel, dann immer weniger Wärme pro Zeit in die Umgebung abstrahlt. Würde das Wasser sich (hypothetisch) unter die Umgebungstemperatur abkühlen, z.B. weil es nicht "weiss" dass es mit dem Abkühlen aufhören müsste, dann würde die immer noch unveränderte, jetzt aber relativ grössere Wärmestrahlung aus der Umgebung dem sofort entgegenwirken (ebenfalls ohne es zu "wissen").

Mikroskopisch passiert hier folgendes: (Vereinfachte und manchmal nicht ganz korrekte Wortwahl)
Allein dadurch, dass ein Wassermolekül eine bestimmte Temperatur hat, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es Wärme abstrahlt, indem es ein Photon aussendet, das eine bestimmte Wärmemenge vom Wassermolekül "mitnimmt". Das Wassermolekül kühlt dabei etwas ab. Trifft das Photon auf ein Luftmolekül der Umgebung, dann gibt es seine Wärmemenge wieder ab und erwärmt das Luftmolekül.
Dasselbe passiert auch in der anderen Richtung: Luftmoleküle der Umgebung senden Photonen aus und kühlen dabei ab; trifft ein Photon auf ein Wassermolekül, dann erwärmt es dieses.

--> Auf molekularer Ebene, also lokal, geschieht hier ein ständiges Abkühlen und Erwärmen.
Im wärmeren Wasser ist die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen von Photonen grösser als in der kälteren Umgebung, das heisst, es gelangen mehr (oder "stärkere") Photonen vom Wasser in die Umgebung als umgekehrt.
Nachdem auf Systemebene der Ausgleich stattgefunden hat, passiert auf molekularer Ebene immer noch das Selbe: Lokales ständiges Abkühlen und Erwärmen, allerdings jetzt systemweit in Balance.


An diesem Beispiel erkennt man Folgendes:
1. Das Wasser braucht über seine Temperatur überhaupt nichts zu "wissen", um sich der Umgebung anzugleichen,
2. Der Ausgleichsprozess kann vollständig durch das zeitliche Verhältnis von Wahrscheinlichkeiten beschrieben werden.
3. Das Verhältnis von Wahrscheinlichkeiten bewirkt eine bevorzugte Prozessrichtung: Warmes Wasser wird sich immer abkühlen, dagegen wird sich kaltes Wasser nie von selbst erwärmen, da die Umgebung dies ausgleichen würde.

Mit den bisherigen Erklärungen wurde der Wärmeausgleichsprozess auf eine mikroskopische statistische Ebene gebracht. Dies ist bereits der halbe Weg zum Verständnis der Entropie.

Zuerst aber noch ein weiteres Beispiel, um zu zeigen, dass die statistische Betrachtungsweise unabhängig vom gewählten physikalischen Mechanismus ist.


Beispiel 2: Gas unter Druck   weiter    zurück

Eine unter Druck stehende Gasflasche wird geöffnet. Gas strömt in die Umgebung.
In dem Moment, wo die Flasche geöffnet wird, beginnt nicht nur Gas herauszuströmen, sondern es strömt auch (ein wenig) Luft in die Gasflasche hinein (das ist tatsächlich so; man kann das als zwei gegenläufige Diffusionsprozesse betrachten). Wieviel Gas aus der Flasche heraus, bzw. Luft hineinströmt, hängt allein von den Drücken des Gases und der Umgebungsluft ab. Die Gleichgewichtsbetrachtung funktioniert hier ganz analog zu vorherigem Beispiel.

Mikroskopisch geschieht hier folgendes:
Allein die Tatsache, dass das Gas einen Druck und eine Temperatur hat, führt dazu, dass die Gasmoleküle mit einer bestimmten Geschwindigkeitsverteilung durch den Raum fliegen, aneinanderstossen, abgelenkt werden, etc. Das selbe gilt für die Luftmoleküle der Umgebung, die ja auch unter Druck stehen (hier 1 Bar, Atmosphärendruck).
Verbindet man nun die Flasche mit der Umgebung (indem man die Flasche öffnet), dann fliegen sowohl Gasmoleküle aus der Flasche heraus, als auch Luftmoleküle in die Flasche hinein.

--> Auf molekularer Ebene, also lokal, geschieht hier ein ständiger Molekülaustausch.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Gasmoleküle in die Umgebung strömen, ist infolge des anfangs höheren Gasdrucks natürlich höher.
Nachdem auf systemweiter Ebene der Ausgleich stattgefunden hat, passiert auf molekularer Ebene immer noch das Selbe: Ständiger lokaler Molekülaustausch, allerdings jetzt in Balance.


Auch an diesem Beispiel erkennt man folgendes:
1. Das Gas braucht über seine Temperatur und Druck überhaupt nichts zu "wissen", um sich der Umgebung anzugleichen,
2. Der Ausgleichsprozess kann vollständig durch das Verhältnis von Wahrscheinlichkeiten beschrieben werden.
3. Das Verhältnis von Wahrscheinlichkeiten bewirkt eine bevorzugte Prozessrichtung.

Auch in diesem Beispiel wurde der Druckausgleichsprozess auf eine mikroskopische statistische Ebene gebracht.

Beispiel 3: Mikroskopische Ebene, N=10   weiter    zurück

Ab jetzt soll auf "mikroskopischer" Ebene etwas genauer hingeschaut werden.
Um erneut zu zeigen, dass der zugrundeliegende physikalische Prozess zweitrangig ist, der physikalische Begriff Entropie sogar überhaupt nicht an physikalische Systeme  gebunden ist, wird nun auf ein abstrakteres Beispiel übergegangen.
Die Bezüge zu realen physikalischen Systemen werden sich im weiteren Verlauf von selbst ergeben, allein dadurch, dass man die Anzahl Mitspieler drastisch erhöht.


In einem Zimmer wird auf dem Boden ein Strich so gezogen, dass er das Zimmer in zwei gleich grosse Hälften unterteilt. In jeder Hälfte befinden sich 5 Personen, alle mit verbundenen Augen. Auf Kommando bewegen sich alle Personen (langsam) in willkürliche Richtungen. Immer wenn eine Person an eine Wand stösst oder mit einer anderen Person zusammenstösst, ändert sie ihre Bewegungsrichtung willkürlich.
Uns interessiert die Frage, wieviele Personen sich nach längerer Zeit in den Raumhälften zu einem gegebenen Zeitpunkt jeweils befinden.
Ohne Nachzurechnen ergeben sich rein intuitiv folgende Sachverhalte:
Am wahrscheinlichsten werden sich in beiden Raumhälften 5 Personen befinden, aber auch 6:4 bzw. 4:6 ist noch sehr wahrscheinlich.
7:3, 8:2, 9:1, 10:0 sind -genau in dieser Reihenfolge- immer unwahrscheinlicher.

Realisierungsmöglichkeiten der Zustände   weiter    zurück

Wenn man nicht nur nach den Personenzahlen pro Raumhälfte fragt, sondern auch danach, welche Personen sich wo befinden, dann erhält man die Realisierungsmöglichkeiten für einen Zustand. Dazu ist es geschickt, wenn man den Personen erst einmal Namen gibt:
Alfred, Bernd, Christian, Dieter, Ernst, Frank, Gerd, Hans, Igor und Jens.
Der Zustand 1:9 lässt sich dann z.B. auf folgende Weisen realisieren:

Linke Raumhälfte
Rechte Raumhälfte
Alfred Bernd, Christian, Dieter, Ernst, Frank, Gerd, Hans, Igor, Jens
Bernd Alfred, Christian, Dieter, Ernst, Frank, Gerd, Hans, Igor, Jens
..... usw.
..... usw.

Man sieht unmittelbar, dass es für den Zustand 9:1 (und demnach auch 1:9) insgesamt 10 Möglichkeiten gibt. Entsprechend gibt es für den Zustand 0:10 (und demnach auch 10:0) genau eine Möglichkeit. Für die anderen Zustände gibt es entsprechend mehr Möglichkeiten, die allerdings mathematisch anspruchsvoller zu ermitteln sind (was hier zu weit führt, siehe Hypergeometrische Verteilung). Jedenfalls ist intuitiv klar, dass es umso mehr Möglichkeiten gibt, je "ausgeglichener" die Besetzungen der Raumhälften sind.

Folgende Tabelle gibt die genauen Anzahlen der Realisierungsmöglichkeiten pro Zustand an.
Die Wahrscheinlichkeiten sind nur eine andere Darstellung der Anzahl Realisierungsmöglichkeiten: Je mehr Realisierungsmöglichkeiten, desto wahrscheinlicher wird dieser Zustand zu einem beliebigen Zeitpunkt angetroffen.

Zustand
Anzahl
Realisierungsmöglichkeiten
Wahrscheinlichkeit,
diesen Zustand zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden

0:10
1
0,001
1:9
10
0,010
2:8
45
0,044
3:7
120
0,117
4:6
210
0,205
5:5
252
0,246
6:4
210
0,205
7:3
120
0,117
8:2
45
0,044
9:1
10
0,010
10:0
1
0,001

Vorgriff:
Wir nennen eine Realisierungsmöglichkeit einen "mikroskopischen Zustand", und Zustand einen "makroskopischen Zustand".
Um den makroskopischen Zustand 5:5 zu realisieren, hat man demnach 252 mikroskopische Zustände als Möglichkeiten.

Die wesentliche Erkenntnis auf dem Weg zur Entropie und zu irreversiblen Prozessen wird sich im Folgenden dadurch ergeben, dass man die Anzahl Personen drastisch erhöht, und überlegt, was dadurch passiert. Leider kann die Darstellung der Ergebnisse dann nicht mehr so wie in der vorigen Tabelle erfolgen, da sich extrem hohe Anzahlen makroskopischer Zustände mit aberwitzig hohen Anzahlen mikroskopischer Zustände ergeben würden. 

Zunächst seien wesentliche Inhalte der Tabelle nochmal dargestellt, als Einstimmung auf die Darstellungsweise der nachfolgenden Tabellen:

Makroskopische Zustände
Wahrscheinlichkeit,
diese makroskopischen Zustände
zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden

Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
4:6 ... 6:4
0,656
0,27
alle anderen
0,344
0,73

Das ist so zu lesen: Die 3 "mittleren" makroskopischen Zustände 4:6, 5:5 und 6:4, repräsentieren nur 27% (=3 von 11) aller makroskopischen Zustände, werden aber in 65,6% aller Fälle (Zeitpunkte) angetroffen.
Alle anderen makroskopischen Zustände (8 von 11) repräsentieren 73% aller makroskopischen Zustände, werden aber nur in 34,4% aller Zeitpunkte angetroffen.

Dass hier ausgerechnet die "mittleren" 3 makroskopischen Zustände gesondert betrachtet werden, ist etwas willkürlich, aber nur etwas. Wichtig ist, dass man immer "einige" mittlere makroskopischen Zustände betrachtet; warum, wird bald deutlich werden.

Jetzt erhöhen wir schrittweise die Anzahl zunächst auf 100 Personen, dann auf 1.000 Personen, dann auf 1.000.000, und schliesslich auf 1.000.000.000.000 ........ Moleküle!

N=100   weiter    zurück

Zunächst erhöhen wir auf 100 Personen.
Der makroskopische Zustand 50:50 wird der wahrscheinlichste sein, doch wieviele in Nachbarschaft liegenden makroskopischen Zustände werden ebenfalls noch eine nennenswerte Wahrscheinlichkeit besitzen?

Folgende Tabelle ist so weit wie möglich an den Fall mit 10 Personen angelehnt:

Makroskopische Zustände
Wahrscheinlichkeit,
diese makroskopischen Zustände
zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden

Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
40:60 ... 60:40
0,965
0,21
alle anderen 0,035
0,79

-->
Die 21 "mittleren" makroskopischen Zustände 40:60 ..... bis ..... 60:40, repräsentieren nur 21% (=21 von 101) aller makroskopischen Zustände, werden aber in 96,5% aller Zeitpunkte angetroffen. zurück

Alle anderen makroskopischen Zustände (80 von 101) repräsentieren 79% aller makroskopischen Zustände, werden aber nur in 3,5% aller Zeitpunkte angetroffen.
--> Die relative Anzahl makroskopischer Zustände ist kleiner geworden, während sich die Wahrscheinlichkeit dieser makroskopischen Zustände deutlich erhöht hat.
Die Tendenz zu einer ausgeglichenen Verteilung der Personen in den Raumhälften hat sich erhöht.


N=1000   weiter    zurück

Jetzt erhöhen wir auf 1000 Personen.
Es ergibt sich z.B.:

Makroskopische Zustände
Wahrscheinlichkeit,
diese makroskopischen Zustände
zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden

Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
450:550
...
550:450
0,999
0,101
alle anderen 0,001
0,89

Die 101 "mittleren" makroskopischen Zustände 450:550 ..... bis ..... 550:450, repräsentieren nur 10,1%  aller makroskopischen Zustände, werden aber in 96,5% aller Zeitpunkte angetroffen.
Alle anderen makroskopischen Zustände repräsentieren 89% aller makroskopischen Zustände, werden aber nur in 0,1% aller Zeitpunkte angetroffen.
--> Die relative Anzahl makroskopischer Zustände ist noch kleiner geworden, während sich die Wahrscheinlichkeit dieser makroskopischen Zustände nochmal deutlich erhöht hat.
Die Tendenz zu einer ausgeglichenen Verteilung der Personen in den Raumhälften hat sich weiterhin erhöht.



N=1000.000   weiter    zurück

Jetzt erhöhen wir auf 1.000.000 Personen.
Es ergibt sich z.B.:

Makroskopische Zustände
Wahrscheinlichkeit,
diese makroskopischen Zustände
zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden

Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
498.000:502.000
...
502.000:498.000
0,9999
0,004
alle anderen 0,0001
0,996

Die Tendenz zu einer ausgeglichenen Verteilung der Personen in den Raumhälften hat sich weiterhin erhöht.

N=1000.000.000.000   weiter    zurück

Jetzt erhöhen wir auf 1.000.000.000.000 Personen. 
Statt Personen kann man sich hier z.B. Streichholzköpfe in einer grossen Kiste vorstellen; für ein reales physikalisches System sind 1.000.000.000.000  jedenfalls noch sehr wenig.

Es ergibt sich z.B.: 
Makroskopische Zustände
Wahrscheinlichkeit,
diese makroskopischen Zustände
zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden

Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
499998000000
...
500002000000
0,9999
0,000004
alle anderen 0,0001
0,999996

Die Tendenz zu einer ausgeglichenen Verteilung der [was auch immer] in den Raumhälften hat sich weiterhin erhöht.


N=100.000.000.000.000.000   weiter    zurück

Als letztes erhöhen wir auf 100.000.000.000.000.000  ("Zehn hoch Siebzehn") Moleküle.
Dies ist die höchstmögliche Zahl, die mit den Mitteln des Verfassers noch berechenbar ist. 
Diese Zahl ist jedoch bereits so hoch, dass z.B. eine entsprechende Anzahl Gasmoleküle bei normalen Bedingungen ein Volumen von ca. 4 Kubik-Millimetern ergäbe, was mit blossem Auge ohne weiteres sichtbar und mit den Fingern bereits greifbar ist.
Wir haben hier also bereits ein "grosses" physikalisches System vorliegen.

Es ergibt sich z.B.: 


Makroskopische Zustände
W'keit, diese makroskop. Zustände zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden

Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
49999999400000000 
...
50000000600000000
0,9999500
0,000000012
alle anderen 0,0000500
0,999999988

Natürlich hat sich die Tendenz zu einer ausgeglichenen Verteilung in den Raumhälften weiterhin erhöht.

Wenn man nur ein Drittel mehr makroskopische Zustände in der Mitte mit einbezieht, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit für alle anderen makroskopischen Zustände um das 25-fache, das bedeutet, die Wahrscheinlichkeitsverteilung ist um die Mitte herum extrem scharf.
Die Änderungen sind rot hervorgehoben:

Makroskopische Zustände
W'keit, diese makroskop. Zustände zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden
Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
49999999200000000
... 50000000800000000
0,9999980 0,000000016
alle anderen 0,0000020 0,999999984

Nimmt man nochmal ein Achtel mehr makroskopische Zustände in der Mitte mit hinzu, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit für alle anderen makroskopischen Zustände nochmal um das 10-fache. Die Änderungen sind wieder rot hervorgehoben:


Makroskopische Zustände
W'keit, diese makroskop. Zustände zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden
Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
49999999100000000
... 50000000900000000
0,9999998
0,000000018
alle anderen 0,0000002
0,999999982

Verzehnfacht man die Anzahl makroskopischer Zustände in der Mitte (was anteilsmässig immer noch fast nichts ist), dann stösst man mit den Mitteln des Verfassers auf Seite der Wahrscheinlichkeiten an rechentechnische Grenzen. Wieder sind die Änderungen rot hervorgehoben:

Makroskopische Zustände
W'keit, diese makroskop. Zustände zu einem gegebenen
Zeitpunkt vorzufinden
Anteil dieser makroskopischen Zustände an allen makroskopischen Zuständen
49999990000000000 
...
50000010000000000
0,99999999999999999999
0,000000200
alle anderen 0,00000000000000000001
0,999999800
         

Entmischung, Irreversibilität   weiter   zurück

Die quantitative Kernaussage der letzten Tabelle bedeutet in Worten z.B.:
Denkt man sich ein 4 Kubik-Millimeter (= 4 Mikroliter) grosses Gasvolumen unter Normalbedingungen in 2 Hälften unterteilt, und fasst die Unterschiede der Teilchenzahlen (physikalisch richtig) als Druckunterschiede auf, dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Drücke in den beiden Hälften um 0,00002% unterscheiden so, dass dieser (oder ein grösserer) Druckunterschied während der bisherigen Lebensdauer unseres Universums (~ 14 Milliarden Jahre) insgesamt nur etwa für 3 Millisekunden bestanden hätte. 

Die Behandlung von noch grösseren Anzahlen Molekülen scheitert wie bereits erwähnt an den rechentechnischen Möglichkeiten des Verfassers.
Doch man kann sich leicht denken, wie es wohl weitergehen wird:
- Die absolute Anzahl der mit nennenswerter Wahrscheinlichkeit anzutreffenden makroskopischen Zustände wird zwar grösser, doch
- der relative Anteil der mit nennenswerter Wahrscheinlichkeit anzutreffenden makroskopischen Zustände wird kleiner, und demnach

- die Wahrscheinlichkeitsverteilung "um die Mitte herum" immer schärfer.

Praktisch bedeutet das für physikalische Systeme, dass makroskopische Zustände, die so weit von der Mitte entfernt liegen, dass man sie messtechnisch noch erfassen könnte, nie vorkommen.

Alle bisherigen Überlegungen bleiben unberührt, wenn man als Anfangsbedingung angenommen hätte, alle Personen (oder Moleküle) befänden sich in nur einer Raumhälfte: Die Folge wäre, dass sich rein wahrscheinlichkeitstheoretisch, also ganz unabhängig von spezifischen physikalischen Mechanismen, früher oder später immer ein ausgeglichenes System einstellen wird.
Es ist also nicht nur so, dass sich z.B. Gasgemische nie freiwillig entmischen, sondern selbst kleinste Mischungsunterschiede sind nie nachweisbar.

Nun ist auch klar, warum es überhaupt irreversible Prozesse gibt, bzw. wann Prozesse irreversibel sind: Nämlich genau dann, wenn der Ausgangszustand weit genug ausserhalb der Mitte der Wahrscheinlichkeitsverteilung der makroskopischen Zustände liegt.


Entropie  weiter   zurück 

Zum Begriff der Entropie fehlt jetzt nur noch ein kleiner Schritt; dazu erst noch einmal die Definition von weiter oben:

Die Entropie ist ein Mass für die Anzahl Möglichkeiten, die ein abgeschlossenes physikalisches System zur Verfügung hat, seinen Zustand auf mikroskopische Weise zu realisieren.

Man könnte nun meinen, die absolute Anzahl der mikroskopischen Zustände sei die Entropie.
Fast.
Zum einen fehlt noch die so genannte Boltzmannkonstante, mit der die Entropie eine "physikalische oder thermodynamische Qualität" bekommt (das ist für das generelle Verständnis allerdings nebensächlich), zum anderen fehlt noch ein rein mathematischer Schritt, der daraus eine physikalisch sinnvolle Grösse macht.
Um das zu zeigen, sei noch einmal ein Teil der allerersten Tabelle dargestellt:

Zustand
Anzahl
Realisierungsmöglichkeiten
0:10
1
1:9
10
2:8
45
3:7
120
4:6
210
5:5
252
6:4
210
7:3
120
8:2
45
9:1
10
10:0
1

Für die gesamte Anzahl Möglichkeiten, mit der sich das System überhaupt mikroskopisch realisieren kann, muss man die mikroskopischen Realisierungsmöglichkeiten aller makroskopischen Zustände zusammenzählen: Hier sind es 1024 (was ja genau 2 hoch 10 entspricht)
Nun erstellen wir die selbe Tabelle für den Fall, dass es nur 5 statt 10 Personen sind. (Die Tatsache, dass es jetzt keinen "mittleren" Zustand gibt, stört nicht weiter).

Zustand
Anzahl
Realisierungsmöglichkeiten
0:5
1
1:4
5
2:3
10
3:2
10
4:1
5
5:0
1

Die gesamte Anzahl Möglichkeiten, mit der sich dieses System überhaupt mikroskopisch realisieren kann, liegt nun bei 32 (was ja genau 2 hoch 5 entspricht)

Wenn man 2 Systeme mit jeweils 5 Personen (oder Teilchen) isoliert betrachtet, dann sind es insgesamt 32 x 32 = 1024 mikroskopische Zustände, die beide Systeme für sich betrachtet, jedoch zusammengerechnet, annehmen können. Der Grund liegt darin, dass die mikroskopischen Realisierungen in beiden Systemen unabhängig voneinander stattfinden, und die Anzahl Realisierungsmöglichkeiten daher einfach miteinander multipliziert werden können.
Das selbe (1024) kommt heraus, wenn man beide Systeme zu einem verbindet.

Nun wäre es aus physikalischer Sicht wünschenswert, wenn die Entropie (als so genannte extensive Grösse) direkt mit der Systemgrösse korrelierte, also z.B. müssten doppelt so grosse, aber ansonsten gleichartige Systeme, die doppelte Entropie aufweisen.

Wie schafft man das z.B. bei 5 bzw. 10 Teilchen, aus denen sich 32 bzw. 1024 mikroskopische Realisierungsmöglichkeiten ergeben?
Also wenn 10 das doppelte von 5 ist, wie stellt man es dann an, dass 1024, anders ausgedrückt 32 x 32 "das doppelte " von 32 wird?

--> durch den Logarithmus! Hier speziell (ohne nähere Begründung) den natürlichen Logarithmus, ln (logarithmus naturalis):
ln(1024) = ln(32 x 32) = ln (32) + ln(32); der Logarithmus von 1024 ist also das Doppelte des Logarithmus von 32.

Die Entropie ist der natürliche Logarithmus (ln) aus der gesamten Anzahl W mikroskopischer Zustände aller makroskopischen Zustände, die ein physikalisches System einnehmen kann, multipliziert mit der Boltzmannkonstante k.

Entropie = k x ln(W)

Die vereinfachte, dafür aber anschaulichere Definition war:

Die Entropie ist ein Mass für die Anzahl Möglichkeiten, die ein abgeschlossenes physikalisches System zur Verfügung hat, seinen Zustand auf mikroskopische Weise zu realisieren.
Bei dieser Definition fehlte lediglich, dass der Systemzustand nicht nur aus einem makroskopischen Zustand besteht, sondern dass das System im Laufe der Zeit zwischen mehreren makroskopischen Zuständen hin und herwechseln kann, die sich allerdings so gut wie nicht unterscheiden. 

Der zweite Hauptsatz   weiter   zurück

Zum Abschluss soll noch erklärt werden, was die ganzen bisherigen Überlegungen mit dem so genannten zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zu tun haben:

In einem geschlossenen System nimmt die Entropie in der Regel zu. Nur bei reversiblen Prozessen bleibt sie konstant. 

Das ist eine direkte Folge aus den bisherigen Ausführungen. Wenn man das System so verändert, dass es mehr Möglichkeiten hat, sich mikroskopisch zu realisieren, dann wird es sich allein aufgrund der Wahrscheinlichkeiten so verändern, dass es diese neuen Möglichkeiten auch nutzt. Von aussen betrachtet ist das dann ein Prozess, der das System für immer - also irreversibel - in eine Richtung verschoben hat.

Es gibt keine Zustandsänderung, deren einziges Ergebnis die Übertragung von Wärme von einem Körper niederer auf einen Körper höherer Temperatur ist.

In einem Körper mit höherer Temperatur schwingen die Moleküle "schneller" oder "auf vielfältigere Weise" bzw. bewegen sich schneller im Vergleich zum selben Körper bei niedrigerer Temperatur. Damit einher geht eine höhere Anzahl physikalischer mikroskopischer Zustände. Wie man diese Zustände ermittelt oder aufteilt, geht hier zu weit.
Statistisch bedeutet das Übertragen von Wärmeenergie von "kalt" in Richtung "warm" eine Verringerung der Anzahl Realisierungsmöglichkeiten auf der kalten Seite und eine Erhöhung auf der warmen Seite. Die Gesamtentropie ist dann wieder die Summe der Entropien von "kalt" und "warm"; hier kommt also wieder das Produkt der beiden Anzahlen Realisierungsmöglichkeiten ins Spiel. Allerdings ist das Produkt nach dem Wärmetransfer in Richtung "warm" kleiner als davor in ausgeglichenem Zustand.
Obwohl die exakten physikalischen Verhältnisse etwas komplizierter sind, kann man als Analogie die dritte binomische Formel heranziehen:

a x a ist grösser als (a-b) x ( a + b).

Vorher, also in ausgeglichenem Zustand, habe man auf beiden Systemseiten jeweils a Möglichkeiten.
Die Gesamtentropie entspricht dann k x ln (a x a) = k x ln (a2) = 2 x k x ln (a).
Nun nimmt man auf der einen Seite b Möglichkeiten weg und fügt sie der Anderen Seite hinzu: Als Gesamtentropie ergibt sich
k x ln ((a-b) x (a+b)) = k x ln (a2 - b2), was ja kleiner ist als k x ln (a2).


Daraus (Entropie ist kleiner geworden) folgt direkt, dass ein Austausch mit der Umwelt stattgefunden haben muss, diese Zustandsänderung also nicht freiwillig, sondern unter äusserem Zwang (und damit verlustbehaftet)  stattfinden musste.

Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse über die Entropie   zurück

Grosse Systeme sind nicht einfach nur Vielfache von kleineren Systemen, denn sie verhalten sich anders. Ihre Realisierungen konzentrieren sich auf ganz wenige mikroskopische Zustände im Bereich der Mitte. Diese rein auf Wahrscheinlichkeiten beruhende Konzentration ist die Ursache der Irreversibilität und damit Ursache für die Existenz des zweiten Hauptsatzes.
Denkt man sich alle mikroskopischen Zustände des Systems auf einer Achse aufgereiht, dann kann man sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung dieser Zustände als extrem schmale Glockenkurve vorstellen. Das System nimmt im Laufe der Zeit mit nennenswerter Wahrscheinlichkeit nur die sehr wenigen makroskopischen Zustände im Bereich dieser schmalen Glocke ein, und diese makroskopischen Zustände unterscheiden sich äusserlich so gut wie nicht, und sind messtechnisch höchstens für kleinste Systeme überhaupt nachweisbar.

Der physikalische Begriff Entropie ist zwar im Zusammenhang mit physikalischen Systemen entstanden, kommt aber grundsätzlich ohne sie aus.
Aus rein logischen Überlegungen, also ebenfalls ohne die Notwendigkeit physikalischer Systeme, folgt, dass die Entropie ein Logarithmus der absoluten Anzahl an mikroskopischen Realisierungsmöglichkeiten des Systems sein muss.
Dass es der natürliche Logarithmus ist, und dass noch die Boltzmannkonstante hinzukommt, ist allein dem physikalischen Kontext geschuldet und muss auf dem Verstehensniveau der Mittelstufe zwar zurückgestellt werden, ist aber für das Verständnis der Entropie grundsätzlich entbehrlich.
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