Hare Niemeyer Verfahren bei Sitzverteilungen in Parlamenten
Hinter Hare Niemeyer verbirgt sich ein Verfahren, um eine relative Häufigkeitsverteilung möglichst "gerecht" in eine absolute Häufigkeitsverteilung umzuwandeln, wenn die absolute Gesamthäufigkeit vorgegeben ist.
In der Praxis bekannt ist das Hare-Niemeyer Verfahren bei der Ermittlung der Sitzverteilung eines Parlaments aufgrund eines Wahlergebnisses. Siehe auch d'Hont Verfahren.
Da die zu verteilenden Sitze von ihrer Anzahl her
beschränkt und ausserdem ganzzahlig sind, wird es in den seltensten
Fällen gelingen, die Sitzverteilung genau entsprechend dem Wahlergebnis
zu realisieren.
Das
Hare-Niemeyer Verfahren ist eine Möglichkeit, die absolute
Sitzverteilung möglichst den Wahlergebnissen entsprechend genau
abzubilden, wobei die unvermeidbaren Verzerrungen möglichst zufällig
sind.
Beispiel
Kommunalwahl in einer kleinen Gemeinde. 3 Parteien stellen sich zur Wahl. Es sind 47 Sitze zu vergeben.
Schritt 1
Partei | Stimmen | "Genaue" Anzahl Sitze | Ohne Kommastelle |
A | 203 | =(203/356)*47 = 26,80 | 26 |
B | 119 | =(119/356)*47 = 15,71 | 15 |
C | 34 | =(34/356)*47 = 4,48 | 4 |
Gesamt | 356 | 45 |
Die "genauen" Sitzanzahlen werden einfach durch Dreisatz ermittelt und ergeben in der Regel Kommazahlen.
Schritt 1 ordnet den Parteien so viele Sitze zu, wie sich durch die vorige Berechnung unter Nichtbeachtung der Kommastellen ergeben.
Nach Schritt 1 sind also 45 der 47 Sitze vergeben.
Schritt 2
Die übrigen 2 Sitze bekommen diejenigen Parteien der Reihe nach, deren "genaue" Sitzanzahlen die grössten Nachkommawerte haben.
In diesem Beispiel käme Partei A mit ,80 zuerst, dann Partei B mit ,71.
Für Partei C mit ,48 bleibt kein Sitz mehr übrig, da nun alle 47 Sitze schon vergeben sind.
Das selbe Beispiel soll nun mit 46 anstelle 47 zu vergebenden Sitzen durchgerechnet werden.
Partei | Stimmen | "Genaue" Anzahl Sitze | Ohne Kommastelle |
A | 203 | =(203/356)*46 = 26,23 | 26 |
B | 119 | =(119/356)*46 = 15,38 | 15 |
C | 34 | =(34/356)*46 = 4,39 | 4 |
Gesamt | 356 | 45 |
Nach Schritt 1 sind also wieder 45 der nunmehr 46 Sitze vergeben.
Es verbleibt nur noch 1 Sitz, der diesmal aber an Partei C fällt, da sie den grössten Nachkommawert hat (.39)
Fasst man die beiden Beispiele zuvor zusammen, so ergibt sich:
Zu vergebende Sitze | ||
Gesamt | 47 | 46 |
A | 26+1 = 27 | 26+0 = 26 |
B | 15+1 = 16 | 15+0 = 15 |
C | 4+0 = 4 | 4+1 = 5 |
Man erkennt, dass
die zu vergebende Sitzanzahl sich merklich auf die Sitzverteilung auswirken kann,
Die Ergebnisse dieses Verfahrens generell vom verwendeten Zahlensystem (10) abhängen.
Bei wenigen zu vergebenden Sitzen sind die Auswirkungen entsprechend grösser.
Im Arbeitsblatt "Niemeyer" der Exceldatei Paradoxa.xls findet man Gelegenheit, verschiedene Situationen durchzuspielen.
Auf die Erwähnung diverser Phänomene, die zum Teil als eigenständige Paradoxa geführt werden, sowie auf diverse Ausnahmeregelungen, die bei bestimmten Konstellationen die Wirklichkeit "gerechter" widerspiegeln, sei hier verzichtet.
Siehe auch d'Hont Verfahren.
Statistische Verfahren, die bei Wahlanalysen zum Einsatz kommen, sind beispielsweise: